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Atmosphärisches Wochenbuch

Thai Cooking

Raimund Schöll am 27.01.2012

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Abends beim Thailänder, irgendwo in München Schwabing. Das Lokal gesteckt voll, der Besitzer lässig am Eingang stehend, nimmt uns in Empfang: Typ Gérard Depardieu, nur zwei Nummern kleiner. Tut mir leid, noch kein Platz frei. O.k. also warten wir, mit Aperitif in der Hand. Was auffällt: überall schöne Menschen, die verkosten, was das Zeug hält. Junge Frauen in After-Work-Kostümen, junge Herren im trendigen Business Outfit. Schließlich - nach zehn Minuten - bekommen auch wir einen Platz. Die Speisekarte ist schick gemacht, die Gerichte in farbige Absätze unterteilt. Ente, Schwein und Huhn fein voneinander abgesetzt, und es gibt keine Nummern hinter oder vor den Gerichten, wie sonst üblich in asiatischen Restaurants. Gefällt mir. Beim Lesen allerdings gibt’s Schwierigkeiten, weil das ganze Lokal in rot-oranges Licht getaucht ist. Nicht nur für uns, beobachte ich. Wir geben bei der zuvorkommenden, studentisch anmutenden Bedienung unsere Bestellung auf. Das folgende Essen schmeckt, ist frisch - ohne Frage. Die schönen Menschen, überall an den Tischen haben sich inzwischen peu à peu wie zu einem Wahrhol-Gemälde zusammen geschmiegt, sitzen auf bunt drapierten Kisschen vor schön bemalten Lokalwänden, während wir - wie sie - ebenso sitzen, kauen, genießen und uns unterhalten, vor, hinter und auf bunten Designerstoffen. Sehr lebendig alles und froh gelaunt.

Schließlich verlange ich die Rechnung. Das Lokal immer noch voll wie zu Anfang. Ein Kommen und Gehen, immer noch kein Tisch frei, wie im Taubenschlag. Rums, nicht schlecht. Gesalzen, was da zu zahlen ist! Dabei haben wir nicht mal Wein getrunken. Etwas ernüchtert bin ich nun und frage mich: Für was zahlst du hier eigentlich? Was rechtfertigt diesen Preis? Dann sehe ich mich wieder um und mir dämmert: klar du bezahlst hier nicht nur fürs Essen, sondern auch für den Blick, den Ausblick auf die schönen Menschen und vielleicht auch dafür, dass auch auf dich geblickt werden kann, hier in dieser Atmosphäre. Das ist der Deal: Sehe, esse, zahle, denn auch die anderen sehen, essen, und zahlen. 

Mir fällt da gerade die Pointe eines alten Sufi-Witzes ein, von dem ich mal gehört habe, die da lautet: Ich bin hier, weil ihr hier seid, und ihr seid da, weil ich hier bin. Eine nette Illusion, -  für die Menschen offensichtlich bereit sind viel Geld zu geben,  - in allen Großstädten dieser Welt.

Übrigens war im ganzen Lokal kein einziger Thailänder, keine einzige Thailänderin weit und breit zu sehen. Ich vermute, dass die in der Küche standen. 

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