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Atmosphärisches Wochenbuch

American Express - Geld in Berlin II

Matthias Ohler am 03.03.2012

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Kreditkarten-Aktionen machen ähnliche verdeckte Wertverhandlungen offenbar wie Bargeld. Soeben wollte ein Kunde mit der American-Express-Karte zahlen - er reichte sie her mit dem Gestus der Selbstverständichkeit (wie ein perfekter Rückkand-Slice im Tennis etwa), der eine Nichtannahme für unmöglich hält, fast, als müsse Freude und Anerkennung aufkommen ob dieser Reichung und doch bitte keiner anderen. Wir haben aber nur Verträge mit Visa und Master. Ich musste also danach fragen, ob er auch eine dieser beiden anderen Währungen verfügbar habe. Hatte er. Es blieb mir aber das Gefühl, irgendwie verletzt zu haben, mindestens aber verstört. Folgerichtig - aus meiner Sicht, weil schon oft in dieser Folge erlebt - wurden mir mit dem gleichen Slice-Gestus Quittung und Zahlbeleg (Sales Slip) gereicht; ich solle doch bitte zusammenheften. Ich tat´s mit dem heutzutage fast unvermeidlichen: "Gerne".

Um möglichen Missverständnissen vorzubeugen: Ich mache dem Kunden keinen Vorwurf, fühle mich auch in keiner Weise angegangen. Es war alles ganz ungefährlich. Es geht mir um die Szenen, in denen Erwartungen und Erwartungserwartungen an Zahlungsweisen und deren Status- und Habitusbedeutungen geknüpft sind, so selbstverständlich wie das erwartete Verstehen und die erwartete Akzeptanz von "Entschuldigung" nach dem unabsichtlichen Fusstritt. Die Kunst besteht darin, einen Rahmen zu schaffen, der den Kunden bzw. die Kundin wirklich zur Majestät macht, und wenn die sich nicht so ganz majestätisch verhält, die eigene Würde zu behalten, ohne zu suggerieren, man halte sich selber für die eigentliche Majestät, ohne aber auch die Suggestion zu bedienen, Majestät könne mit einem machen, was ihr beliebt.

Vor zwanzig Jahren bekam, wer in Ecuador Sucres in Dollars tauschte, die lumpigsten Greenies, die man sich denken kann. Wollte man Sucres für Dollars haben, mussten letztere wie frisch aus der Presse aussehen. Andernfalls ...

Noch einmal Aldo Haesler: Er beschreibt in Das letzte Tabu ab Seite 85 "Die Welt auf 85 x 54 Millimetern". Die Welt, die sich in der Handhabe der Plastikkärtchen und sämtlicher damit verbundener Folgen manifestiert. Lesenswert.

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