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Atmosphärisches Wochenbuch

Psychische Systeme in Gesellschaft - Der Sinkflug

Matthias Ohler am 01.04.2015

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Die Diskussionen, die über den Abflug der German-Wings-Maschine in den französischen Alpen und seine Verursachung ausgelöst wurden, eigen sich untern aderem gut dafür, zu beobachten, welche Grundüberzeugungen hier in Ansatz gebracht werden. Beispielsweise in der Forderung nach Lockerung oder gar Aufhebung des ärztlichen Schweigegebots.

Sehen wir davon ab, dass es einigen der Diskutanten und Forderer wohl eh nicht um die Sache geht, sondern ums Fordern und  Bemerktwerden. Verschweigen kann jemand - ob Arzt, ob sonstwer - lediglich, was ihm bekannt geworden ist bzw. anvertraut wurde. Das wurde in den Diskussionen schon eingeworfen, findet aber wenig Berücksichtigung. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies noch jemandem widerfährt, würde mit dem Lockern oder Aufheben des Schweigebots sicher sinken. Folge: Mehr Unsicherheit, weil weniger Möglichkeit, mitzubekommen, was dies oder jenes Innenleben beschäftigt. Nächste Folge: Abhilfe durch versuchten Zwang. Regelmäßige Untersuchungen, expertliche (?) Diagnose, Aushebelung rechtsstaatlicher Strukturen.

Die interessantere Frage ist, wie hier das Phänomen des "Zugangs" zum "Inennleben" behandelt wird - systemtheoretisch gesprochen: zu psychischen Systemen. Fritz Simon hat in der Systemischen Kehrwoche dazu Stellung genommen. Kerngedanke: (...)  die Idee, man könne psychiatrische Diagnosen in ähnlicher Weise wie körperliche Befunde (z.B. pathologische Blutwerte, EKG-Zacken etc.) objektivieren, (ist) Quatsch. Denn psychische Prozesse und Strukturen sind nun einmal keine direkt beobachtbaren oder gar messbaren Phänomene. Sie werden immer nur aus direkt beobachtbarem Verhalten gefolgert. Und wenn man hier prophylaktisch berufs- oder gar bevölkerungsübergreifend (Muster: Schulzahnarzt) vorbeugend diagnostisch tätig werden wollte, so würde zwangsläufig ein totalitäres System entstehen, die Stasi wäre ein Amateurverein (war sie wahrscheinlich ja eh) im Vergleich zu solch einer “Gesundheits”-Kontrollstelle.  

Diese Folgen eines Forderns, das sich aus irrigen Annahmen über Sicherheit und Kontrolle und damit verbundenen Vorstellungen unserer Konstitution und Verfassung speist, bleiben so gut wie unerkannt - bis man sie erkennt, wenn sie praktisch gezogen sind und uns nicht mehr herauslassen. Dies sind die Entwicklungen, die wir gerade dabei sind unseren sozialen Systemen angedeihen zu lassen. Finanzierer dafür sind bereits da. Die dazu passenden Überzeugungen werden stark propagiert. Die Luft wird dünner. Man kann das (be)merken.

Übrigens: Die systemischen Verbände schweigen zu alle dem. Ein Beitrag zur sich anbahnenden Katastrophe. Ein ärgerlicher. Aber genauso unbemerkter.

April-Scherze sind das alles keine.

Den kompletten Beitrag aus der Systemischen Kehrwoche finden Sie hier: 

http://www.carl-auer.de/blogs/kehrwoche/psychiatrische-gesundheits-checks/

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