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Atmosphärisches Wochenbuch

Mubarak und die Gnade der Debilität

Raimund Schöll am 04.08.2011

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Mubarak im rollenden Krankenbett vor Gericht, hinter Käfiggittern. Kraftlos hebt er die Hand wie zum Schwur, um die eigene Unschuld am Tod von über 800 Menschen Anfang des Jahres an Kairos Tahir Platz zu bekunden. Noch immer schimmert brüchig die Hexis des Pharaos durch. Doch ist das Bild an grotesker Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Einer, der ein Jahr zuvor noch eine Atmosphäre der Lähmung und Angst in seinem Land in der Lage war zu verbreiten (in jeder Amtsstube Ägyptens hing ein Bild von ihm an der Wand), liegt nun da, in einer zum Gericht umfunktionierten Aula der Polizeiakademie und starrt hilflos wie eine Flügel gestutzte Amsel an die Decke.

Erinnert mich irgendwie an Thomas Bernhard in einem Interview kurz vor seinem Tode, in dem er meinte, die Mächtigen und großen Herren von einst säßen alle irgendwann einmal auf einem Parkbankerl, harmlos und entrückt dreinschauend, die Täublein fütternd, ohne Gebiss und sich an nichts mehr erinnernd. Ob Mubarak jemals noch eine Parkbank unter sich spüren wird, ihm dazu die Gnade der Debilität zu Teil wird, steht in Frage. Es weht bereits der Geruch des Henkers durchs Land, sagt man. 

Kommentare

04.08.2011

Matthias Ohler

Nichts gegen Henker, aber zuweilen erscheinen auch die einem zu wählerisch. Hannah Arendts Vorlesung Über das Böse könnte uns darüber belehren, wie man mit sich im Gespräch bleibt, und auf diese Weise auch Henker und ihre Auftraggeber dazu zwingt. Irgendwie gefällt mir etwas an dem Gedanken, daß, wer den Henker will, auch selber muss henken können. Aber vorher gesprächsfähig sein muss.

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