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Atmosphärisches Wochenbuch

Lähmende Empörung

Matthias Ohler am 31.07.2013

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Lähmendes Entsetzen ist eine bekannte Wortkombination für ein bekanntes Gefühl. Es wird individuell erfahren, aber auch in Form von Massen. ("Ein lähmendes Entsetzen ergriff die Zuschauer im Stadion" zB)

Gibt es auch eine lähmende Empörung? -  So könnte man vielleicht die Empörung benennen, die Besserwisser erfasst, Gewissensreine. Empörung ohne Risiko, kostenlose Verausgabung, leere Geste der Feinen. - Beispiel: Nach den Auseinandersetzungen in Hoyerswerda vor zwanzig Jahren gab es Fackelzüge als Mahnwachen, unter anderem in Heidelberg, unter anderem im Villenviertel Neuenheim. Die Frage, ob man denn schon den Antrag gestellt habe, eines seiner vielen Zimmer für bedrohte Asylbewerber zur Verfügung zu stellen zu dürfen, bewirkte ein verständnisloses Starren, in das schnell eine Spur von Zorn kroch. Aber keine weitere Bewegung erfolgte, außer einem kaum zu bemerkenden festeren Greifen um die Halterung der Fackel.

Wen lähmt die lähmende Empörung? Zuerst die Empörten selbst. Diejeningen, denen die Empörung zu gelten scheint, sind nicht lähmungsbedürftig, sondern eh schon tatenos. Und es ist auch frag-würdig, ob ihnen die Empörung überhaupt gilt, oder ob diese nicht eher eine Geste untereinander ist, derer, die sie ausdrücken, wie ein gegenseitiges Zunicken beim Souper: Gut, was? Ja, fein abgeschmeckt, wirklich.

(V.K.)

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