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Atmosphärisches Wochenbuch

Der Biss

Raimund Schöll am 29.06.2014

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Da beißt ein Fußballspieler im Spiel einen anderen Fußballspieler. Was passiert? Strafe, Disqualifiikation und große Empörung - selbstverständlich. Warum auch nicht, schließlich gehört Beißen nicht ins Programm eines Sportfestes. Beißen ist selbst im Rugby nicht üblich. So weit so gut. Die Frage aber ist: Wofür steht das Beißen eigentlich, ich meine symbolisch? Wenn man den Redewendungen folgt nicht nur für Negatives: „Auf Granit beißen“, „Zähne zusammen beißen“, sagen wir, oder „Der oder die hat Biss“. Der Biss steht also auch für Durchsetzungskraft, Stärke, Ausdauer. Wo also liegt das Problem, wenn ein Fußballspieler, anstatt zu treten, zur Abwechslung mal zubeißt. Redewendung hin oder her, könnte man einwenden, einen Anderen richtig beißen - geht halt nicht. Ich sage: Doch, im Liebesspiel wird Beißen ins Ohr oder anderswo hin als eine nicht uninteressante Variante gehandelt. Manche jedenfalls mögen’s. Also was ist so dramatisch, wenn ein Foul im Fußballspiel mal zur Abwechslung als Biss daher kommt? Ich versuchs mal: Ein im Fußballspiel beißender Mensch ist ein zum Halbtier Gewordener, ein Kentaur, wenn man so will. Der Hundebiss, der Haifischbiss, der Krokodilbiss und auch der Menschebiss ist alles andere als angenehm. Der Mensch, der beißt, hat also die Seite gewechselt und erinnert uns daran, dass in jedem von uns auch das Tier steckt. Deswegen muss ein Beiß-Foul sozial anders geahndet werden als ein böser Tritt. Du bist schließlich Mensch, kein Tier wird dem Beißer von den Rängen aus zugerufen. Tiere raus! Auch wenn das natürlich - wie gesagt - manchmal nur die halbe Wahrheit ist. 

(O.G.)

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