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Atmosphärisches Wochenbuch

Rechthaben

Matthias Ohler am 14.04.2012

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Martin Walser spricht im sehr kurzen Interview in der ZEIT zu Günter Grass´ derzeit meistdiskutiertem Text (ein Gedicht ist es ja nicht) davon, er habe sein "Leben als Schriftsteller im Reizklima des Rechthabenmüssens verbracht". Abgesehen davon, dass die Metapher vielleicht etwas schief liegt - schließlich werden Reizklimata besondere Heilwirkungen nachgesagt, und das will Walser dem Rechthabenmüssen, wenn ich ihn richtig verstehe, eben gerade nicht attestieren - berührt Walser eine wirklich heillose Gewohnheit im Umgang der sogenannten Künstler und Intellektuellen und anderer public people untereinander: Plätz anweisen, wo die sitzen, die Recht haben. Eine Art Hart-aber-Fair- und Wer-wird-correctness-Millionär-Atmosphäre in der Vorführung der richtigen Überzeugungen und des zugehörigen fragwürdigen Mutes, sie zu äußern. Akkumulation kulturellen Kapitals der besonderen Sorte - und nebenbei guter Honorare für die Show. Nichts gegen die Honorare, die sind der angemessene Preis dafür, sich an sich selber langweilen zu müssen, oder damit man der einmal zugeführten Meinungszuschreibung nicht überraschenderweise entfleucht, sondern brav das gezähmte Spiel der öffentlichen Provokationsshow mitspielt. Eigenartig leer sind die wirklich öffentlichen Plätze. Da stehen keine Kameras, und das Publikum schläft vor den Bildschirmen - und zappt weiter. Ich finde, Walser hat - fatalerweise einmal mehr - ein bißchen Recht. Der Aufmeksamkeitspreis geht aber an GG. Wer Recht haben könnte, ist dabei eher unwichtg. Das entgeht Walser allerdings.

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