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Atmosphärisches Wochenbuch

Salzburg bei Schnürlregen und mit Thomas Bernhard

Raimund Schöll am 06.01.2012

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Salzburg bei Schnürlregen. Der sei typisch für diese nordalpine Stadt an der Salzach, heißt es. Uns hat’s daher neulich, während eines kurzen Intermezzos dort, von den engen Innenstadtgassen weg, in eines der traditionsreichen Gasthäuser hinein getrieben, wie es sie in Salzburg zu Haufe gibt. Genauer gesagt in den Sternbräu. Unter riesigen Ölgemälden sitzend, kann man sich dort an Palatschinken, Fridattensuppe und Schnitzel Wiener Art erfreuen und beobachten, wie andere Menschenparkgenossen auch sich trotz des Regengusses von der oberösterreichischen Gemütlichkeit aushalten lassen. Man fühlt sich wohl im Sternbräu, und ein wenig wie aus der Zeit gefallen. Vielleicht gerade wegen der betont bürgerlichen Atmosphäre, die dort gepflegt wird. Eine loungefreie Zone gleichsam, ohne chillige Musik, Starbuckspappbecher und Wireless LAN-Anschlussverlockung. Das barocke Mobiliar, die Arkaden und schweren Teppiche, der leicht schwere Essensgeruch. Alles wirkt zeitlos. Selbst die Bedienungen könnten aus den 70ern stammen - habituell sowie kleidungstechnisch. 

Mir fiel dabei das Lied ein, das der junge Thomas Bernhard als Siebenjähriger mal über Salzburg, „der Königin der Städte“, getextet haben soll: „Du schönste Stadt am Salzachfluss, / Ich schloss dich in mein Herz, / Trotz täglich starkem Regenguss / Und kindlich hartem Schmerz.“ Später war das Verhältnis Bernhards zur Bischofsstadt Salzburg nicht mehr durchgehend enthusiastisch, wie man weiß. Aber lag’ s wohl nicht am Schnürlregen und schon gar nicht an Gasthäusern wie den Sternbräu, denke ich. Oder vielleicht doch?

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