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Atmosphärisches Wochenbuch

Es ist aus

Raimund Schöll am 18.05.2011

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23.23. Das Drängen im Herzen kam vorübergehend und in Pausen, aber anfallsartig. Köster lag im Hotelbett ohne dass er schlief. Er wartete auf den Schlaf, nein er erwartete ihn. Er verlangte, dass die Träume sich seiner annehmen würden. Doch nichts geschah. Der Schlaf verweigerte sich ihm. Pläne wurden geschmiedet, Zahlen in Lottokästchen gezählt, die Bettstellung gewechselt. Nichts zu machen. Auch ein paar dünne Gedanken an Gott richteten nichts aus, in dieser Nacht. Schlaflosigkeit. Es gab Dichter, die auch darunter litten, chronisch. Wie haben sich die damit arrangiert? Indem sie schrieben? Wer weiß. Um 5:46 schlief Köster endlich erschöpft ein. Seinen Geschäftstermin hat er um 8:30 mit Anzug und Krawatte, im Hotelfoyer bei starkem Cafe und mit freundlicher Miene wahrgenommen. Es ging um nichts besonderes. Nur das Übliche. Kurze Vorstellung des Projekts, eine halbe Stunde Palaver und das Ausräumen von Bedenken. Dann ein kurzer Austausch von Höflichkeiten, Handshake und Auf Wiedersehen. 11.34. Den Einsatzkräften am Unfallort bot sich ein unschönes Bild. Ein Mann, dessen Identität zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest stand, war mit seinem Audi A6 in die Leitplanken gefahren. Vermutlich wegen Ermüdung, hieß es später. Der tote Unglücksfahrer hielt den Lenker noch fest im Griff, die Augen geschlossen, mit verknoteter Krawatte um den Hals. Auf dem Rücksitz lag ein noch unentdeckter Brief. An Helmut Köster, Kreiselgasse 10. Der Inhalt: Es ist aus. Bitte verzeih. Eva.

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