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Atmosphärisches Wochenbuch

Den Ort retten

Raimund Schöll am 22.10.2015

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Die Stimmung kippt. Die Situation spitzt sich zu. Die Flüchtlingswelle steigt. Der Zustrom wächst. Neuer Ansturm erwartet. Herr O. sitzt am Fernseher mit einem Glas Rappelberger in der Hand. Im Ort ist es ruhig. Nur das Huhn im Vorgarten ist hörbar. Er kippt sich ein zweites Fläschchen Rappelberger ins Glas. Sorgenfalten befurchen seine Stirn. Seine Frau hält sich die Hand vor den Mund. Sie sieht es auch flimmern: Menschen mit dunklen Haaren und Kindern auf den Armen, die durch Flüsse über feindselige Grenzen waten, und sie sorgt sich auch. Nein nicht um die, die durch die Flüsse waten. Sie sagt: Die wollen alle zu uns. Die sind nicht mehr weit. Irgendwann werden sie hier im Ort auftauchen. Dann werden wir überflutet, so wie uns damals das Elbhochwasser überflutet hat und der Schröder da war und gesagt hat: Wir schaffen das! Ja, es wurde auch geschafft - wegen der allgemeinen Hilfsbereitschaft. Aber das Elbwasser ist ja dann wieder weg gewesen, und die, die durch die Flüsse waten, wollen ja bleiben. In Köln sind sie schon da. Köln ist übergeschwappt. Da laufen sie schon mit langen Kleidern, Turbanen und Bärten - über unsere schönen deutschen Straßen. Herrgott AfD noch mal. Ehepaar O. packt jetzt energisch die Deutschlandfahne ein, stülpt sich die Mantelkrägen hoch, schreitet zur Tat. Nach Dresden - den Ort retten. Kein Dunkelhaariger weit und breit, kein Turban, nur eine chinesische Reisegruppe vor der Semperoper. Eben! Deswegen gehen wir ja auf die Straße, solange wir PEGIDA schreien, werden die aus den Flüssen nicht her kommen, weil sie eh nie da waren. Aber wen interessiert das schon? Wir sind das Volk!

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