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Atmosphärisches Wochenbuch

Strenge und freie Form

Matthias Ohler am 30.06.2013

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Krötengesang

 

Ich weiß von einem See, auf dessen Grund befindet

sich eine Mündin. Unsichtbar. Der See ist tief.

Und wenn vom Grund des Sees sich ein Ruf entwindet,

dann ahnen nur die Uferkröten, was da rief,

 

in ihren Liedern. Nachts, im dichten Schilf am Ufer,

besingen sie die eigne Ahnung dicht gedrängt.

Ich stünd gern mitten unter ihnen, stiller Rufer,

für den sein Leben am Verstehn des Rufes hängt.

 

Es ist schon nicht mehr Nacht. Ich singe mit den Kröten

und lausche in das Wasser, kann darin nichts hören.

Als könne ein Gesang den andern einfach töten.

 

Als ob im Wellenschlag sich Töne nur verlören,

die, recht gehört, Verstehen nur den Hörern böten,

die still im Wasser liegen wie gefällte Föhren.

 

 

 

 

Muschel

 

Ich trage dein Atmen in der Muschel,

die wir fanden unterm Gras dort,

wo sie schon so lange lag,

von niemandem erhört.

Ich halte sie an mein Ohr.

Ich gieße sie aus über mir.

 

Du bist fort.

 

Die Ströme aus den Nüstern unserer Muschel

wärmen mich doch und tragen.

Ihr Duft und Klang sind wie von weit her.

Sie hat sie uns bewahrt.

Oder denen, die sie fanden,

wie wir Glücklichen.

 

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