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Atmosphärisches Wochenbuch

Erste Mitteilung

Raimund Schöll am 24.05.2015

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Ein Thema meiner regelmäßigen Gedanken ist der sogenannte Pferdapfel. Ja, das ist schon eine kleine Passion. Ich habe oft keinen anderen Gedanken, ausser den anderen natürlich, als den an den Pferdeapfel. Jahrelang habe ich mich bemüht, mich in Käse oder in Gurken, in Karotten oder in Autobahnen, manchmal in Mülleimer, in rote Rosen oder in die Psychoanalyse hinein zu denken. Aber immer wieder bin ich schließlich doch wieder am Pferdeapfel hängen geblieben. Neulich in Wien, da hab ich einen Mann mittleren Alters, vielleicht war er auch schon älter, auf seinem Fiaker gesehen. Er saß da so nach vorne über, wie sie halt oft sitzen diese Leute. Der Spitzweg hat das und andere Bedenklichkeiten in seiner mittleren Schaffensperiode hin und wieder auch gemalt. Der Mann schlief, wahrscheinlich war er ein Kutscher, in seiner Kutsche neben dem Stephansdom. Es ist anzunehmen, dass gerade keiner - kein Japaner und auch kein Australier - mit ihm herum fahren wollte. Eine Rute mit einer Frisur oben, lehnte senkrecht an seiner Schulter, und ein schwarzer Zylinder ruhte auf seinem Schädel. Der Mann hat kein Gesicht gehabt. Lediglich eine Nase. Die war rot. Nun gut. Es hatte gerade zu nieseln begonnen, und der Gaul, der an den Fiaker angeleint war, war weiß. Ein schönes Tier, wirklich sehr schön. Und dann plötzlich wie aus dem heiteren Himmel, ich war gerade daran vorbei geschländert, hat es Slupsch gemacht. Dann Stille, die sich sekundenartig in die Ewigkeit hinaus zog. Gedanklich war ich sofort wieder gebunden, denn man kommt einfach nicht dran vorbei, wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht. Immer und überall begegnet man dieser Mitteilung. Und wenn man sich nun noch vor Augen führt, wieviel und wie oft in der Minute es so oder so ähnlich, auch in andere Regionen, in Bhutan oder Moskau zB. daher geht, auch in Chambery oder Vogtareuth. Und wenn man sich dann noch vorstellen mag, wer das will, wie all die Prominenten zB diese Claudia Schiffer, Herr Clooney oder Wladimir Putin…, gut nicht jeder ist dazu in der Lage, müßte man eigentlich von ganz oben, wenn man als Astronaut oder Gott von dort hinunter schaut, einen verheerenden Eindruck von der Welt bekommen. Andererseits sollte man die ganze Sache aber nicht aufbauschen. Auf einem Flohmarkt in München habe ich gestern gesehen, dass einer gebrauchte Zahnbürsten verkauft hat. Zwischen alten Lappen, Zeitschriften, Schuhen von 1920 und Unterhosen aus Mittelfranken - echte gebrauchte Zahnbürsten. 

(R.S.. Mitteilungen aus der Saugglocke, 2015, unveröffentlichtes Manuskript)

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